Wenn sich der Körper selber bekämpft

Ein Schnitt, ein leichter Sonnenbrand, ein harmloser Insektenstich: Eigentlich ist eine Entzündung, die sich daraus ergeben kann, keine Erkrankung, sondern die Antwort des Körpers auf eine Schädigung von aussen. Mit der Immunreaktion versucht der Körper, die Ursache, egal welcher Art, auszuschalten und die «Schäden» zu reparieren. «Bei einer akuten Entzündung treten die fünf bekannten Entzündungssymptome wie Rötung, Überwärmung, Schmerzen, Schwellung und Funktionseinschränkungen als körpereigene Abwehrreaktion auf bestimmte schädliche Reize auf», sagt Phillip Katumba, Facharzt FMH für Allgemeine Innere Medizin.

Liegt allerdings eine chronische Entzündung vor, können verschiedene Ursachen wie Infektionen, Ablagerungen und Allergien zu einem Dauerfeuer von Entzündungsabwehrreaktionen im Gewebe führen. Immer mehr Studien zeigen, dass viele chronische Krankheiten wie Psoriasis, Rheumatoide Arthritis oder gewisse Darmerkrankungen auf autoimmunologische Prozesse (Autoimmunerkrankungen) im Körper zurückgeführt werden können.

Als Ursache werden eine genetische Veranlagung in Verbindung mit Stress, Hormonveränderungen oder Infektionen (Bakterien, Viren) als Auslöser diskutiert. «Spannend ist, dass wir in den aktuellsten Studien sehen, dass die Veränderung unseres Darmmikrobioms, also unserer Darmflora, durch unsere Ernährungsgewohnheiten die Entstehung der Autoimmunerkrankungen, zum Beispiel Typ-1-Diabetes, fördern kann», sagt Phillip Katumba. «Bei der Gruppe der Autoimmunerkrankungen liegt eine Fehlregulation des Immunsystems vor, der Körper bekämpft sich so quasi selber.»

Weibliches Immunsystem neigt zu Überreaktionen

In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass immer mehr Frauen von den etwa 70 unterschiedlichen Autoimmunerkrankungen betroffen sind. Unter der Schilddrüsenerkrankung Hashimoto-Thyreoiditis leiden etwa fünfmal mehr Frauen als Männer. Bei der multiplen Sklerose und der rheumatoiden Arthritis ist das Verhältnis von Frauen zu Männern ungefähr 3:1. Warum das so ist?

«Es wird beobachtet, dass hormonelle Umstellungen, zum Beispiel die Wechseljahre bei den Frauen, eine wesentliche Rolle bei der Entstehung dieser Erkrankungen spielen», sagt Katumba. «Das Immunsystem der Frauen scheint deutlich aktiver zu sein und teilweise zu Überreaktionen zu neigen, was Vor-, aber auch Nachteile mit sich bringen kann.»

Behandlung und Vorsorge

Das Spektrum, wie man diese chronischen Erkrankungen behandeln sollte, ist gross. «Bei gewissen Erkrankungen ist schulmedizinische Behandlung erforderlich, andere erzielen sehr gute Heilerfolge mit komplementärmedizinischen Therapiekonzepten.»

Für Phillip Katumba ist es wichtig, ein Krankheitsbild ganzheitlich zu erfassen, und «ein differenziertes Abklärungs- und Behandlungskonzept zu erstellen, bei dem alle Aspekte in Betracht gezogen werden sollten. Dazu gehört neben Körper und Psyche auch das soziale Umfeld des Patienten. Viele wissenschaftliche Studien belegen eindeutig, dass Fastenkuren deutlich positive Effekte bei der Prävention vieler chronischer Erkrankungen aufweisen.»

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