So trotzen Sie der grossen Hitze

Tages Anzeiger, 26. Juni 2019, von Silvia Aeschbach

Dieser Juni wird mit Höchsttemperaturen in die Geschichte eingehen. Höchste Zeit also, um sich darauf einzustellen. Der Zürcher Arzt Phillip Katumba weiss, warum wir auf Stress und Sport verzichten und dafür öfters eine Siesta einlegen sollten.

Herr Katumba, was passiert in unserem Körper bei 30 Grad plus?

Der menschliche Körper ist durchaus in der Lage, auch höhere Temperaturen auszugleichen. Dies passiert in erster Linie durch vermehrtes Schwitzen: Die Poren der Haut öffnen sich, Schweiss verdunstet und kühlt so den Körper. Wenn man sich allerdings nicht genügend vor der Sonneneinwirkung schützt, zu wenig trinkt, oder sich überanstrengt, kann der Organismus überhitzen. In der Folge sinkt der Blutdruck, der Puls erhöht sich, die Atmung wird schneller.

Wann wird die Hitze gefährlich?

Viele Menschen machen den Fehler, dass sie sich zu schnell bewegen, das erhöht die Temperatur im Körper. Schon bei leichten Anzeichen von Unwohlsein sollte man sich ein kühles Plätzchen suchen. Kommen starke Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen dazu, kann dies auf einen lebensgefährlichen Hitzschlag hinweisen. Wenn die Wärmeregulation versagt, kann die Körpertemperatur bis auf 40 Grad ansteigen. Die Haut ist dann trocken und gerötet und es kann zu Bewusstseinsstörungen und zu einem Kollaps kommen. Dies, weil dem Körper Flüssigkeit und Elektrolyte fehlen. Auch Schwüle, wie sie in den Tropen herrscht, kann zum Hitzschlag führen. Bei einem Sonnenstich können sich ähnliche Symptome wie bei einem Hitzschlag zeigen, allerdings sind eher Kopf und Nacken betroffen, weil die Hirnhaut oder auch das Hirngewebe durch die starke Sonneneinstrahlung gereizt sind.

Wer ist bei der Hitze besonders gefährdet?

Kleinkinder und ältere und geschwächte Menschen. Bei Ersteren funktioniert die Wärmeregulation wegen einer wesentlich niedrigeren Schweissproduktion noch nicht so gut. Alte Menschen haben tendenziell eine schlechtere Blutdruckregulation.
Ich vertrage Hitze schlecht.

Hat die Tatsache, dass ich blond und hellhäutig bin, einen Einfluss?

Nicht alle Menschen vertragen die Hitze gleich gut. Studien haben gezeigt, dass sich Menschen aus nordischen Ländern bei 20 bis 23 Grad am wohlsten fühlen. Bei Menschen in afrikanischen Ländern liegt die Wohlfühltemperatur bei 25 bis 29 Grad. Ihr Stoffwechsel hat sich an die atmosphärischen Bedingungen angepasst.

Kann man sich auch mental auf die grosse Hitze einstellen?

Ja, indem man nicht gegen sie ankämpft, sondern sein eigenes Verhalten ändert. Am besten lebt man wie unsere südlichen Nachbarn und legt regelmässig eine Siesta ein. Fakt ist, dass wir bei sehr heissen Temperaturen gar nicht fähig sind, körperliche und intellektuelle Höchstleistungen zu erbringen.

Leiden Sie selbst unter der Hitze?

Nein (lacht). Ich habe das Glück, dass ich sowohl grosse Hitze wie auch starke Kälte mag und gut vertrage. Das kommt davon, dass meine Mutter aus der Ukraine stammt und mein Vater aus Afrika.

Tipps zum Wohlfühlen trotz Hitze

  • Mineralwasser ist besser als Leitungswasser, weil es mit Natrium und Magnesium angereichert ist. Für eine geschmackliche Abwechslung Wasser mit Melone, geriebener Orangenschale und Minzblätter aromatisieren und ein bisschen Salz hinzugeben.
  • Statt zu fett- und zuckerhaltigen Lebensmitteln zu greifen, auf Melone, Ananas, Tomaten und Gurke setzen. Sie bestehen zu über 90 Prozent aus Wasser.
  • Wer nicht ins kühle Nass springen kann, sollte sich ein kühles Fussbad gönnen. Oder im Büro immer wieder kaltes Wasser über die Handgelenke und die Unterarme fliessen lassen.
  • Beine regelmässig hochlagern ( ja, auch im Büro!). Vor allem Frauen leiden bei hohen Temperaturen unter geschwollenen Beinen. Hochlagern entlastet den Kreislauf und die Zirkulation.
  • Wer Sport treiben will, sollte dies am frühen Morgen oder in den späteren Abendstunden tun.
  • Ein hoher Sonnenschutz, eine schützenden Kopfbedeckung und ebensolche Kleidung sollten heute selbstverständlich sein.
    Vor dem Zubettgehen lauwarm duschen.
  • Wer in der Nacht stark schwitzt, sollte einen Waschlappen in Apfelessigwasser tränken und Körperstellen, die besonders davon betroffen sind, betupfen. Die adstringierenden Eigenschaften von Apfelessig können auch den pH-Wert der Haut wieder ins Gleichgewicht bringen. Natürlich sollte man am nächsten Morgen duschen.
  • Auch Salbei kann bei starkem Schwitzen helfen. Dazu einige getrocknete Salbeiblätter mit heissem Wasser übergiessen, ziehen lassen, abkühlen und mehrmals täglich auf die Haut auftragen.
  • Eine leichte Baumwolldecke ist einer klassischen Bettdecke vorzuziehen.
    Eine Klimaanlage oder ein Ventilator im Schlafzimmer ist Geschmackssache. Wer glaubt, so besser schlafen zu können, sollte sie auf die unterste Stufe stellen. Noch besser ist, vor dem Schlafengehen, alle Räume durchlüften.